Ruedi Graf
22.02.2018 / 6 Minuten Lesezeit

Echtes 5S: «Nur clean ist nicht lean»

Dies ist mein erster Blogbeitrag und so scheint es mir passend, dass ich mit 5S anfange, da 5S für die meisten Leute den Start ihrer Lean-Reise darstellt. Man würde denken, dass diese Methode perfekt beherrscht wird, aber ich muss leider feststellen, dass es sehr häufig grosse Missverständnisse gibt. «Wir haben für drei Jahre 5S gemacht», habe ich kürzlich von einer renommierten Produktionsfirma gehört. In der Administration wird ein sauberer Schreibtisch oft als Abschluss von 5S-Aktivitäten angesehen.

Einer meiner Lieblingssprüche ist: «Nur clean ist nicht lean.» Als jemand mit englischer Muttersprache habe ich Mühe mit dem deutschen Begriff «Ordnung und Sauberkeit» für 5S, welchen ich eher mit einer einmaligen Putzaktion als mit einem Werkzeug für kontinuierliche Effizienzsteigerung in Verbindung bringe. Verstehen Sie mich nicht falsch, ich habe nichts gegen einen sauberen Schreibtisch, aber wenn ich einen Mitarbeiter mit einer ausgeschnittenen Schaumstoffeinlage für seinen Bleistift, seinen Radiergummi, sein Lineal und seinen Kugelschreiber sehe, der immer noch Stunden mit der Suche nach Informationen im Firmenintranet verbringt, stimmt etwas sicher nicht.

Über die Festtage habe ich schon wieder meine Garage aussortiert, und während ich den Ölaustritt von meinem alten Rover weggeputzt habe, ist mir in den Sinn gekommen, dass viele Leute 5S genauso durchführen, wie ich meine Garage aussortiere.
Ich hoffe, Sie werden meinen folgenden Versuch 5S mit einer gesunden Portion von englischem Humor zu erklären, geniessen. Es gibt auch eine Parodie in ähnlichem Stil.

Sortieren

Die Beseitigung von nicht mehr benötigtem Material bedeutet bei mir daheim, dass alles in eine Kiste ausser Sicht weggeräumt wird. Sehr, sehr wenig wird aber weggeworfen, da wir es vielleicht einmal brauchen werden. Die Enkelkinder werden sich sicher über die 30-jährigen Spielpuppen freuen, die leider nun etwas muffig sind und die Weihnachtslampen, welche seit zehn Jahren kaputt sind, werde ich sicher irgendwann reparieren oder als Ersatzteile benötigen.

Systematische Ordnung

Die systematische Ordnung wird bei mir zu Hause eher nach dem Prinzip «wo gibt es genügend Platz, um Material einzulagern» gemacht. Man muss das Auto herausfahren, um an die Schneeschaufel zu gelangen, aber mit der globalen Erwärmung wird das sicher in der Zukunft gar kein Problem sein.

Sauber halten

Solange alles in einer Kiste steckt, sieht es nicht so schlecht aus; ähnlich wie die Leute, die am Abend alles in den Schrank wegräumen, um den sauberen Schreibtisch zu kreieren. Der Kunde (in diesem Fall meine Frau) wird besänftigt und wenn die Ölflecken nicht mehr vom Auto abgedeckt sind, kann man immer noch putzen. Es ist natürlich etwas einfacher, selber zu putzen, aber wie meine Frau es schon mit dem Aufräumen der Kinderzimmer gelernt hat: «Wenn du einmal anfängst, machst du es dein Leben lang.»

Standardisieren

Ich würde gerne einen Standard für meine Garage definieren und Fotos des Sollzustands für Frau und Kinder erstellen, aber ich denke, dies würde zu grossem Widerstand in der Belegschaft führen. So verzichte ich auf dieses Element. Ich habe natürlich nicht die benötigte Hierarchiestufe, um einen Standard daheim einzufordern, und unter Berücksichtigung der möglichen Folgekosten (mögliche Scheidung) empfehle ich schon ein bisschen Vorsicht mit Standardisierung zu Hause.

Selbstdisziplin

Natürlich wird Auditierung ohne einen Standard unmöglich, obwohl ich mehrere Leute kenne, die so eine Vorgehensweise versuchen. Wie bei der erfolgreichen Einführung und nachhaltigen Verankerung von Lean braucht man auch viel Zeit mit 5S, aber wie mein alter Golflehrer schon sagte: «Wenn du heute alles perfekt machen könntest, was würdest du für die nächsten 30 Jahren machen?»

Wertfabrik ist daran, die Schulungsunterlage für die 5S-Methode neu zu überarbeiten, um den Fokus klar auf Effizienzsteigerung zu legen. Nach mehrjähriger Erfahrung sind wir überzeugt von der japanischen Behauptung, dass 5S ein Fundament von Lean sein muss. Wir verstärken unser Bestreben, dass unsere Kunden Prioritäten auf die wesentlichen Produktivitätsfaktoren und auf die Beseitigung von unnötiger Verschwendung setzen.

Gerne erwarten wir Ihre Reaktionen zum Thema in diesem Blogbeitrag in den Kommentaren oder auch an einer unserer zahlreichen Veranstaltungen.

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